Mark Rothko

12. März bis 30. Juni 2019

Zum ersten Mal in Österreich präsentiert das Kunsthistorische Museum eine Ausstellung des großen amerikanischen Künstlers Mark Rothko. Gemeinsam mit seinen Zeitgenossen Jackson Pollock, Barnett Newman und Willem de Kooning wurde er zu einem der Hauptvertreter der „Abstract Expressionists“, deren Arbeiten dafür sorgten, dass New York zum Zentrum moderner Kunst wurde. Im Laufe seines Lebens unternahm Mark Rothko vier ausgedehnte Reisen nach Europa, auf denen er so viele Kirchen, Architekturdenkmäler und Museen wie möglich besuchte. Kunst und Architektur der jüngeren und älteren Vergangenheit schwingen in seinen Arbeiten kraftvoll mit. Unsere Ausstellung präsentiert einen Überblick über Rothkos Karriere: von den frühen figurativen Werken der 1930er Jahre, über die Arbeiten der 1940er Jahre bis zu den klassisch abstrakten Werken der 1950er und 1960er Jahre, mit denen er schließlich berühmt wurde.

Drei von Mark Rothkos Seagram Murals in Saal 2 des Kunsthistorischen Museums Wien

Mark Rothko

12. MÄRZ BIS 30. JUNI 2019

täglich, 10 – 18 Uhr
Do, 10 – 21 Uhr

Einlass ist jeweils bis eine halbe Stunde vor Schließzeit!

Ticket kaufen*

* Eintrittskarte Kunsthistorisches Museum Wien


Eine kurze

Biografie

Mark Rothko wird am 25. September 1903 als Marcus Rotkovich im russischen Dwinsk (heute Daugavpils, Lettland) geboren. 1913 wandert die Familie nach Portland, Oregon aus. Ein in Yale begonnenes Studium bricht er ohne Abschluss ab und zieht 1925 nach New York.

Ein Freund lädt ihn zu Zeichenkursen ein, Rothko tritt wenig später der Art Students League bei. 1929 beginnt er an der Kunstakademie des Brooklyn Jewish Center, einem jüdischen Bildungs- und Kulturzentrum, Kunstunterricht für Kinder zu geben. 1932 heiratet er Edith Sachar, im Winter 1933 eröffnet seine erste Einzelausstellung in der Contemporary Arts Gallery, New York. Kurz darauf gründet er mit mehreren Freunden die Künstlergruppe The Ten, die bis 1939 bestehen sollte. 1936 wird Rothko in die Works Progress Administration (WPA) aufgenommen, eine Initiative der Regierung, die zu Zeiten der Great Depression Arbeitsplätze schaffen soll.

Ab etwa 1936 schreibt er an einem erst posthum als Die Wirklichkeit des Künstlers veröffentlichten Manuskript mit philosophischen Betrachtungen zur Kunst.

1945 heiratet er seine zweite Frau Mell Beistle und bildet mit Künstlern wie Jackson Pollock, Barnett Newman, Willen de Kooning und Clyfford Still eine Gruppe Abstrakter Expressionisten, deren radikal neue Arbeiten New York zum Epizentrum zeitgenössischer Kunst machen.

Rothkos endgültiger Durchbruch gelingt im Jahr 1949: Er malt die ersten seiner klassischen Kompositionen, für die er weltberühmt werden sollte. 1950 bricht er zu seiner ersten von insgesamt vier Reisen nach Europa auf, im gleichen Jahr wird seine Tochter Kate geboren.

Im Jahr 1954 wird seine erste große Einzelausstellung im Art Institute of Chicago eröffnet, von 1958 bis 1959 arbeitet er an drei Großaufträgen: einer Serie großformatiger Leinwände für das Seagram Building in New York, mehreren Wandgemälden für die Universität Harvard sowie an einem Zyklus monumentaler Gemälde für eine Kapelle in Houston, Texas, heute bekannt als Rothko Chapel. 1963 kommt sein Sohn Christopher zur Welt. Nach mehreren schweren Krankheiten nimmt sich Rothko im Februar 1970 das Leben.


Rothkos Reisen

zur Kunst

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… ich war mir nie bewusst, wie komplett neu unsere Welt ist, bevor ich hierher gekommen bin ... ich fühle mich als wären wir hier im Theater. Besonders reizvoll ist hier das Zerbröckelnde, das Monströse und das Malerische. Ich suche immer noch nach dem Fabelhaften. Man hat mir gesagt, dass ich es in Italien finden werde.

Rothko im Juni 1950 während eines Aufenthaltes an der Côte d’Azur an den New Yorker Bildhauer Richard Lippold

März 1950
Dauer: 5 Monate

Mark und Mell

Frankreich, Italien, Großbritannien
Cherbourg, Paris, Chartres, Cagnes-sur-Mer, Venedig, Florenz, Arezzo, Siena, Rom, Paris, London

Juni 1959 
Dauer: 2 Monate

Mark, Mell und Kate 

Italien, Frankreich, Belgien, Niederlande, Großbritannien
Neapel, Paestum, Pompeji, Rom, Tarquinia, Venedig, Torcello, Paris, Brüssel, Antwerpen, Amsterdam, London, Somerset, Cornwall, Southampton
 

Juni 1966
Dauer: 2,5 Monate

Mark, Mell, Kate, Christopher

Italien, Frankreich, Großbritannien
Rom, Spoleto, Assisi, Arezzo, Florenz, Paris, mit dem Zug nach London


Early Works

1933–1940

Die wahre Essenz der großen und zeitlosen Porträtmalerei ist das fortwährende Interesse des Künstlers an der menschlichen Figur, ihrem Charakter und ihren Gefühlen – kurz am menschlichen Drama. Dass Rembrandt es ausdrückte, indem er ein Modell in Position stellte, ist irrelevant. Wir kennen das Modell nicht, aber wir spüren das Drama.

Rothko über die Ausstellung "The Art of Rembrandt" (1942, Metropolitan Museum New York)

Seit den 1920er Jahren hatte Mark Rothko viel Zeit im New Yorker Metropolitan Museum of Art verbracht. Gleichzeitig war er der Art Students League beigetreten, einer Verbindung von Kunststudenten, die akademischer Bildung skeptisch gegenüberstanden. Rembrandts Werke standen im Mittelpunkt seines persönlichen Interesses. Hier bezieht er sich unter anderem auf ein Selbstporträt des Holländers aus dem Jahr 1659, das die Washingtoner National Gallery besitzt.

Rothko sah Vermeers Die Malkunst erst in den 1950er Jahren im Original – für sein Gemälde Portrait of Mary arbeitete er auf Basis einer Reproduktion: Rothko zitiert das blaue Kleid und das Fenster, an dem die junge Frau steht. Er verändert Stil, den größeren Zusammenhang und die Pose: Rothkos Mary hält die Hand nun als wäre sie schwanger, der Vorhang, alle Dekoration und der Maler samt Staffelei sind verschwunden. Raum und Protagonistin wirken flächig und abstrahiert.

In den späten 1930er Jahren machte Rothko die New Yorker U-Bahn zu seinem bevorzugten Sujet:  Passagiere stehen am Bahnsteig oder gehen Stiegen hinunter, es sind schlanke Gestalten in anonymer Umgebung. Man darf sich an die Skulpturen Alberto Giacomettis oder auch die Ästhetik Giorgio de Chiricos – beide waren Zeitgenossen Rothkos, – erinnert fühlen.

Die Musik, die vielleicht die erste Liebe meines Vaters war, unterstützt diese Ansicht [dass der Mittelpunkt von Rothkos Charakter in der europäischen Kultur seiner Jugend und nicht in der amerikanischen Landschaft seiner Reife lag]. Während Charlie Parkers Improvisationen die Wände der Studios von Pollock und de Kooning erschütterten und sogar Mondrian zu seinem eigenen Broadway Boogie-Woogie tanzte, so schlug Rothkos Herz für die klassische und frühromantische Musik Wiens: Mozart, Haydn, Schubert und nochmals Mozart. Sobald er sich einen Plattenspieler leisten konnte (was viel später war, als Sie jetzt vielleicht denken), ließen die Zauberflöte und das Klarinettenquintett immer wieder die Wände seines Ateliers schwingen.

Christopher Rothko über seinen Vater

Bild 1: Theaterzettel „Zauberflöte“, Wolfgang Amadeus Mozart, 4.1.1802, Erstaufführung im Theater an der Wien, Theatermuseum Wien; Bild 2: Der junge Schubert, Österreich, Anfang 19. Jahrhundert, Sammlung Alter Musikinstrumente


Mythical and Surrealist Works

1941–1946

In einem Jahrzehnt schwerer globaler Konflikte wurde der Stil Rothkos symbolischer, weniger realistisch. Religiöse und mythologische Themen halten Einzug. Wir zeigen hier A Last Supper. Rothko verdichtet Charakteristika der wohl berühmtesten Darstellung der neutestamentarischen Schlüsselszene: Leonardo da Vincis Abendmahl in Mailand: Gemeinsam sind den beiden so fundamental unterschiedlichen Bildern die zentralperspektivische Sicht auf die Szene, die gegenläufigen Kopfhaltungen der Figuren und die Fensteröffnungen im Hintergrund.


Multiforms

1946–1948

Für mich sind meine Bilder Dramen und die Formen in den Bildern sind die Darsteller.

Mark Rothko, 1947

Wandel vom Realismus zur Abstraktion: Rothko stellte seine Werke ab 1947 ohne Rahmen aus, um so eine unmittelbarere und konfrontativere Beziehung zum Betrachter herzustellen, die er durch die zunehmende Größe seiner Werke weiter intensivierte. Er verzichtete auch weitgehend auf herkömmliche beschreibende Titel für seine Werke und zog es nun vor, sie zu nummerieren oder unbetitelt zu lassen.


Early Classic Works

1949–1956

Da meine Bilder groß, farbenfreudig und ungerahmt sind und da die Wände in Museen gewöhnlich riesig und überwältigend sind, besteht die Gefahr, dass meine Bilder als dekorative Flächen zu den Wänden in Beziehung treten. Das wäre eine Verzerrung ihrer Bedeutung, da die Bilder intim und intensiv sind, das reine Gegenteil dessen, was dekorativ ist …

Brief an Katharine Kuh, 25. September 1954

Das Bild entstand im Jahr seiner ersten großen Ausstellung im Art Institute Chicago 1954. Jetzt nutzte Rothko neben der Farbe auch explizit die Größe der Bilder um ihre emotionale Wirkung zu steigern.

In den Jahren 1956/57 malte Rothko eine Reihe von Werken mit dichten weißen Feldern. Umgeben von dunkleren Farben würden diese Bereiche bei den hellen Lichtbedingungen, die Rothko damals für seine Arbeiten vorgab, fast wie eine Projektion aufleuchten. In diesem Gemälde wird der weiße Balken im unteren Bereich durch einen etwas größeren, dunkelbraunen Balken im oberen Bereich ergänzt.

Ich bin nur daran interessiert, grundlegende menschliche Gefühle auszudrücken – Tragödien, Ekstase, Untergang usw. – und die Tatsache, dass viele Menschen zusammenbrechen und weinen, wenn sie meinen Bildern gegenüberstehen, zeigt, dass ich diese grundlegenden menschlichen Gefühle kommunizieren konnte … Vor meinen Bildern machen sie die gleiche religiöse Erfahrung, die ich machte, als ich sie malte. Und wenn Sie, wie Sie sagen, nur durch ihre Farbverhältnisse bewegt werden, dann haben Sie das Wesentliche nicht gesehen!

Rothko in einem Gespräch mit dem Dichter und Kritiker Selden Rodman


The Seagram Murals

1958/60

Der Architekt Phillip Johnson lud Rothko im Jahr 1958 ein, eine Serie großformatiger Gemälde für das Four Seasons Restaurant in New York zu produzieren. Das Restaurant befand sich in dem berühmten Seagram-Gebäude an der Park Avenue, das von den Mies van der Rohe für die Bronfman-Familie, Erben eines Gin-Vermögens, entworfen worden war. Rothko nahm den Auftrag an, erhielt einen großen finanziellen Vorschuss und begann in einer ehemaligen Turnhalle auf der Bowery in Manhattan mit der Arbeit an den Gemälden.

Meine derzeitigen Bilder befassen sich mit der Größenordnung menschlicher Gefühle, mit dem menschlichen Drama, so viel ich davon ausdrücken kann.

Mark Rothko, Vortrag am Pratt Institute, 1958

Als ich von meinen Reisen zurückgekehrt war, habe ich mir die Bilder erneut angesehen und dann auch den Ort besucht, für den sie gedacht waren. Ich sagte den Mäzenen Bescheid, dass ich die Bilder nicht würde abliefern können und so wurde die Angelegenheit vor ein paar Tagen beendet.

Rothko im Sommer 1959 an seinen englischen Gastgeber William Scott

Rothko war entsetzt über den prunkvollen Charakter des Four Seasons Restaurants. »Jeder, der diese Art von Essen zu sich nimmt um diese Preise, wird nie auch nur ein Bild von mir registrieren.« Er gab den Honorarvorschuss zurück und behielt die Gemälde, die er in den letzten zwei Jahren gefertigt hatte.

Die Seagram Murals sind heute in eigenen Räumen in der Tate Modern in London, im Kawamura Memorial Museum of Art in Japan und in der National Gallery of Art in Washington, D.C. ausgestellt.


Late Classic Works

1960–1970

Nach dem Rücktritt vom Seagram-Auftrag schuf Rothko eine Serie großformatiger Wandgemälde für die Harvard Universität und arbeitete mit den Sammlern Jean und Dominique de Menil sowie dem Architekten Philip Johnson an einem Projekt in Houston, Texas, das später als die Rothko Chapel bekannt werden sollte. Sie gilt als Höhepunkt seiner künstlerischen Karriere.